Nebenverdienst als Student: Grenzen und Einschränkungen

by Paul Balzer on 9. Oktober 2012

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Eigentlich ist es ja schon prinzipiell traurig, dass man diesen Beitrag schreiben muss, sollte der Studierende doch vollumfänglich mit dem Studieren beschäftigt sein, nicht mit dem Nebenjob und den daraus folgenden Regularien. Zu beachten ist ja der Tanz mit BaföG-Amt, Sozialversicherungen und auch Finanzamt. Alle wollen ihre Zettel und alle warten nur darauf, dass man einen Fehler macht.

Dennoch eine kleine Hilfestellung durch die Erkenntnisse, welche ich in den vielen Jahren Studium+Nebenjob(s) gesammelt habe.

Situation

Die Situation möchte ich vorab schildern: Man bezieht BaföG und möchte die verbleibenden Kosten durch einen Nebenjob oder 2 Nebenjobs oder mit einer Werksstudententätigkeit während der Semesterferien decken. Dazu überlegt man sich, was am besten zum Stundenplan passt. Ich habe zum Beispiel am Fraunhofer Institut als wissenschaftliche Hilfskraft gearbeitet und echt wertvolle Erfahrungen gesammelt. Besser als am Lidl an der Kasse zu sitzen, fand ich. In den Semesterferien hatte ich damals bei ZF Sachs Race Engineering gejobbt, was nicht nur finanziell echt ein Tipp ist!

Sozialversicherung: Das A und O

Im Zentrum der Bemühungen sollte nicht nur die Maximierung der Nebeneinkünfte sein, sondern auch die kontinuierliche Absicherung durch Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Mehr oder weniger jedenfalls, bezogen auf die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Aber Kranken- und Pflegeversicherung sind ein Muss!

Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Arbeitspapier der Krankenkassen ein:

Versicherungsrechtliche Beurteilung in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung

Dort wird im Detail geregelt, wie ein Student einzustufen ist. Damit arbeiten die Damen und Herren in der Verwaltung und das sollte man auch ganz genau kennen als Student. Hauptsächlich wird das Prüfschema genutzt. Man ist ja sehr günstig studentisch Sozialversichert. Den Status behält man auch bei, sollte man eine Nebentätigkeit annehmen. Allerdings in Grenzen. Meine Erfahrungen sind folgende:

86h/Monat, mehr bitte nicht während der Vorlesungszeit

Der wichtigste Tipp vorab: Es geht im Allgemeinen nicht um die Höhe des Verdienstes, sondern um die Stunden, die für den Job investiert werden. Deshalb achtet das BaföG-Amt und auch die Krankenkasse darauf, dass man unter 20h/Woche nebenbei regelmäßig arbeitet. Da aber meist Verträge monatlich mit dem Arbeitgeber abgeschlossen werden, kommt hier der ultimative Tipp: Die Krankenkassen rechnen die 20h/Woche auf den Monat folgendermaßen:

\frac{\text{Stunden}}{\text{Monat}} \le 20 \cdot \frac{52}{12} \approx 87

Daher ist es üblich, dass für Studierende während der Vorlesungszeit höchstens 86h Verträge ausgegeben werden! Wenn man mehr annimmt, riskiert man die studentische Sozialversicherung und das Netto rutscht extrem in den Keller, weil man dann wie ein Arbeitnehmer angesehen wird und alles vom Brutto abgezogen wird.

Details dazu stehen unter Punkt 1.2.3 Beschäftigungen während der Vorlesungszeit

Rentenversicherung: Ab 450€ Gleitzone mit mind. 4%

Ab 450€/mtl. (bis 850€/mtl.) Nettoeinkommen ist man nicht mehr geringfügig beschäftigt sondern Midijobber. Damit fällt Rentenversicherung an, welche man in der so genannten Gleitzonenregelung auf 4% des Netto reduzieren kann.

Lohnsteuer ab 8004€/Jahr

Da man als Student ja ein möglichst hohes Netto sofort und direkt auf dem Konto benötigt und nicht erst durch die Einkommenssteuererklärung irgendwann im nächsten Jahr ein paar Euros mehr möchte, sollte man den Grundfreibetrag von 8004€/Jahr* beachten, ab welcher Lohnsteuer gezahlt wird. Sollte man weniger verdienen, führt der Arbeitgeber eigentlich auch keine ab.

* Der Betrag ändert sich Jahr für Jahr, steigt aber für gewöhnlich.

Werkstudent während der vorlesungsfreien Zeit

Während der vorlesungsfreien Zeit kann man seine Fähigkeiten mal richtig unter Beweis stellen und mal direkt testen, wie es dann später ist im Berufsleben. Ich habe, wie gesagt, bei ZF Sachs Race Engineering gearbeitet und dort echt gute Erfahrungen gesammelt. Einige Kommilitonen haben am Band bei Audi oder VW gearbeitet, welche während der Sommerzeit die Urlaubslücke mit Studenten auffüllen. Alles sehr gut bezahlte Nebenjobs. Zur vorlesungsfreien Zeit gibt es auch keine Beschränkungen bezüglich der 86h/Monat. Lohnsteuer wird man aber sicherlich abführen müssen. In meinem Fall hat es sich gelohnt den “normalen” Studentenjob für den einen Monat Werkstudententätigkeit zu unterbrechen. Trotzdem das BaföG-Amt für den gesamten Bewilligungszeitraum das BaföG reduziert hatte, war es insgesamt trotzdem noch attraktiv.

Zweiter Nebenjob: Lohnsteuer beachten

Interessant wird es, wenn man noch einen zweiten Job annimmt. Für diesen benötigt man dann ja auch eine Lohnsteuerkarte und da wird die Lohnsteuerklasse VI fällig. Das heißt, es geht echt viel Lohnsteuer weg. Wenn man dem Finanzamt (am besten mal hin gehen an den Schalter) aber beweist, dass man insgesamt mit beiden Jobs und pro Jahr sowieso unter dem Grundfreibetrag bleibt, dann kann man sich auf die zweite Lohnsteuerkarte mit LStKl VI auch einen Freibetrag eintragen lassen, welchen der Arbeitgeber dann beachtet und dafür erst gar keine Lohnsteuer abführt. Somit kann man das Netto im Monat auch etwas in die Höhe ziehen.

In Summe trotzdem Studieren, nicht arbeiten

Trotz alledem sollte man auch persönlich darauf achten, dass nicht der Nebenjob zur Haupttätigkeit wird. Wenn das Studium drunter leidet und man eventuell Prüfungen nicht schafft, dann bringt das Geld ja auch nichts.

Überschlagsrechnung: Was kommt denn nun dabei rum?

Beispielhaft wird der 46h/Monat Job1 mit 10€/h Brutto vergütet und dafür die Lohnsteuerklasse 1 genutzt. Der zweite Job mit 40h/Monat und 5€/h muss die Lohnsteuerklasse 6 bekommen. Es ist die 86h/Monat-Regel eingehalten, die günstige studentische Sozialversicherung greift noch und der Nebenverdienst liegt bei circa 569€ Netto monatlich.

Job 1 Job 2 Summe
Stunden/Monat 46 40 86
Stundensatz           10,00€             5,00€
Lohnsteuerklasse 1 6
Brutto          460,00€          200,00€            660,00€
Netto             442€             192€               634€

Mit dieser Pi*Daumen-Tabelle habe ich immer gerechnet und das stimmt natürlich nicht auf den Euro genau.

Sollte man mehr als 86h/Monat als Student arbeiten, so verliert man die studentische Sozialversicherung und ist normaler Arbeitnehmer mit normalen Abgaben. Dann reduziert sich das Nettoeinkommen schlagartig. Beispielhaft die gleichen Jobs wie im vorherigen Beispiel, allerdings statt 46h im Job 1 ist man übermotiviert und geht 50h arbeiten:

Job 1 Job 2 Summe
Stunden/Monat 50 40 90
Stundensatz           10,00€             5,00€
Lohnsteuerklasse 1 6
Brutto          500,00€          200,00€            700,00€
Netto             395€             135€               530€

Ungünstig: Obwohl man sich 4h mehr vom Studium fern gehalten hat, sind trotzdem rund 100€ weniger auf dem Konto. Das ist ärgerlich und sollte vermieden werden. Wer selbst mal rumprobieren möchte:

Nebeneinkünfte als Student

Das sind natürlich alles unverbindliche Pi*Daumen Berechnungen. Ich approximiere die Abgaben beispielsweise mit konstant 21% in LStKl 1 und 32% in LStKl6, sollte man über die 86h kommen.

Nicht betrachtet: Das BaföG und Kindergeld

Gar nicht betrachtet habe ich jetzt das BaföG und das Kindergeld, welches die Eltern vielleicht noch beziehen. Falls man das bekommt, so ist auch diesbezüglich etwas zu beachten. Grob gesagt: Ab 406€/mtl. wird alles was man mehr verdient prozentual vom BaföG abgezogen. “Es lohnt sich also nicht mehr ganz so doll”, wenn man mehr als 406€ verdient, weil es anteilig vom BaföG abgezogen wird. Trotzdem hat man mehr Netto, selbst wenn man über den Betrag von 406€ kommt. Man kann sich das für einen konkreten Fall mal ausrechnen und dann sieht man das.

Disclaimer

Das hat alles bei mir so geklappt, das heißt nicht, dass es bei euch klappt! Die Gesetzeslage kann sich ändern oder eine Bearbeiterin bei irgendeinem Amt oder irgendeiner Krankenkasse kann einen schlechten Tag haben und man sitzt eventuell mit großen Problemen zu Haus, weil die das für Gewöhnlich auch nicht in der ersten Woche des Nebenjobs mitbekommen sondern irgendwann nach Monaten dann eine Rückzahlung oder eine Nachzahlung oder eine “Anpassung der Leistungen für den Bewilligungszeitraum” raus schicken. Wenn man dann das Geld für die laufenden Ausgaben schon verplant hat, dann wird es übel mit den Rückzahlungen.

Die besten Infos hat Studis-Online.de!

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  1. Ein sehr informativer Artikel. Viele wisse gar nciht so recht, wieviel sie tatsächlich während des Studiums dazuverdienen dürfen. Da ist eine solche exemplarische Rechnung doch eine sehr große Hilfe, um sich einmal einen Überblick darüber zu verschaffen.

  2. Wenn ich ganz ehrlich bin, war es in meinem Bachelorstudium zeitlich gar nicht so einfach, nebenher arbeiten zu gehen. Der Stundenplan war knackig voll und am Wochenende habe ich häufig gelernt. Von älteren Bekannten, die noch auf Diplom studiert haben, höre ich immer wieder, dass sie mehr Zeit hatten und vor allen Dingen ihre Zeit freier einteilen konnten. Dabei ist Arbeit während des Studiums sehr wertvoll. Wer als Werkstudent gearbeitet hat und gute Praktika vorweisen kann, erhöht die Chance auf den ersten Job nach der Uni.

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