Kann man das Elektroauto mit Solarmodulen laden?

by Paul Balzer on 1. April 2014

20 Comments

Grundsätzlich natürlich ja, denn ein Elektroauto benötigt Strom und Solarmodule produzieren welchen. Eigentlich sind alle Voraussetzungen gegeben, dass die Werbeversprechen auch möglich sind: Die Ladestation mit Photovoltaik auf dem Dach lädt das Elektroauto. 100% unabhängig, 100% Öko, 100% kostenfrei.

unter CC BY-ND 2.0 Lizenz von Flickr.com User TheChargingPoint.com

unter CC BY-ND 2.0 Lizenz von Flickr.com User TheChargingPoint.com

Doch so einfach ist es dann in der Realität doch wieder nicht.

Unterschiede

Stromarten

Grundsätzlich gibt es Gleichstrom und Wechselstrom (und Drehstrom), welche ineinander umgewandelt werden können. Solargeneratoren (Photovoltaik) erzeugen eine Gleichspannung und somit Gleichstrom. Unser Stromnetz aus der Steckdose ist ein Wechselstromnetz, ändert das Spannungsniveau 50x in der Sekunde sinusförmig zwischen 325V und -325V (was als Effektivwert die bekannten 230V ergibt). Der Akku im E-Fahrzeug erzeugt eine Gleichspannung und möchte auch von solcher wieder aufgeladen werden.

Es ist also eine Leistungselektronik notwendig, die entweder Wechsel- in Gleich- (Gleichrichter) oder umgekehrt Gleich- in Wechselstrom (Wechselrichter) wandelt. Dabei sind die Wirkungsgrade unterschiedlich und auf die Vielfalt möchte ich auch nicht eingehen.

Spannungsniveaus

Zusätzlich zu den unterschiedlichen Stromarten gibt es auch noch unterschiedliche Spannungsniveaus. Man kennt die üblichen 230V aus dem Haushaltsnetz und vielleicht noch die 400V aus dem Drehstromnetz. Bei den Akkus in den Elektroautos kommt es nun drauf an, wie viele Zellen parallel und in Reihe geschalten sind. Daraus ergibt sich dann eine von vielen Faktoren abhängige Leistungsfähigkeit (Motorleistung) und Energieinhalt (Reichweite).

Stecker

Als Sahnehäupchen oben drauf kommen noch unterschiedlichste Steckertypen bzw. Datenaustauschformate zwischen Ladeinfrastruktur und E-Fahrzeug. Es lassen sich zwar fast alle E-Fahrzeuge mit den bekannten SchuKo Steckern laden, jedoch dann nur mit 230V und begrenztem Strom. In Europa wurde der Typ2 Standard verabschiedet und für Asien und USA sind die Standards kurz vor der Verabschiedung. In Praxistests zeigt sich allerdings, dass das Thema Stecker noch nicht so zufriedenstellend gelöst ist.

Spannung gleichrichten

Wird in der Ladestation konvertiert oder im Fahrzeug? Hat das Fahrzeug einen Konverter für Gleichspannung mit an Board oder muss es die Ladestation vorhalten? Üblich ist, dass das Fahrzeug den Gleichrichter mit hat, einige Ladesäulen haben diesen auch noch zusätzlich und können direkt Gleichspannung zur Verfügung stellen, welche am Gleichrichter vom Fahrzeug vorbei geleitet wird (Beispiel Tesla Supercharger).

Alles in allem also eine reichhaltige Anzahl an Möglichkeiten, diese Varianten miteinander zu kombinieren.

Laden des E-Autos mit Photovoltaik

Geht man nun davon aus, dass sich die Hersteller von Stecker, Ladeinfrastruktur und Fahrzeugen auf einen Standard geeinigt haben und das Solarmodul auf dem Dach das Fahrzeug zu 100% autark laden soll, so kann man folgende Überschlagsrechnung vornehmen.

Peak Power von 200W/m²

Ein Solarmodul liefert als so genannte Peak Power ca. 150…200W/m² Fläche. Gehen wir davon aus, dass optimale Bedingungen herrschen, also volle Sonneneinstrahlung herrscht und man ideale Ladeinfrastruktur nutzt, welche direkt in Gleichstrom lädt, um Wirkungsgradverlust zu minimieren. Beispielhaft nehmen wir die Tesla Supercharger Station, welche mit 120kW Gleichspannung die Tesla Fahrzeuge lädt.

Flächenbedarfe für unterschiedliche Ladeleistungen

Wie viel Fläche Photovoltaik wäre notwendig um einen Tesla mit 120kW DC zu laden?

\(A_1=\frac{120000W}{200\frac{W}{m^2}}=600m^2\)

Nun sind sowohl die 200W/m² PeakPower sehr optimistisch als auch die Wirkungsgradsverluste völlig ignoriert, als auch die nicht immer vorhandene Sonneneinstrahlung bei Seite gelassen. Natürlich sind die 120kW vom Supercharger eher die Königsklasse, die normale Ladeleistung liegt bei 3.6kW, womit die nötige Fläche sich auf

\(A_\text{3.6kW}=\frac{3600W}{200\frac{W}{m^2}}=18m^2\)

reduziert und somit ungefähr CarPort Fläche einnimmt. Der 85kWh fassende Akku vom Tesla würde bei linearem Ladeverlauf (ist in der Realität anders)

\(t=\frac{85kWh}{3{,}6kW}\approx 24h\)

zur vollständigen Füllung benötigen. Mit dem neuen CCS Gleichstromstandard, welcher mit bis zu 50kW lädt, wäre der 18kWh Akku des BMW i3 in 20min gefüllt.

Ohne Stromnetz geht es nicht

Es wird schnell klar, dass es ohne ein stabilisiertes Stromnetz nicht geht, auch wenn uns die Werbung das immer anders verkaufen möchte und schöne Fotos mit Solarmodulen auf Ladestationen für E-Autos produziert. Die von den Solargeneratoren erzeugte Gleichspannung wird konvertiert und in das vorhandene Wechselstromnetz eingespeist. Gleichzeitig erfolgt eine Entnahme von Wechselstrom, welche zu Gleichspannung konvertiert wird und zum Laden des E-Autos genutzt wird.

Vision des Intelligenten Energiegesamtsystem, Quelle:

Vision des Intelligenten Energiegesamtsystem,
Quelle: VW

Die ökologische, autarke Wirkung ergibt sich nur rechnerisch am Stromzähler im Haus. Im schlimmsten Fall führt es sogar dazu, dass konventionelle Grundlastkraftwerke vorgehalten werden müssen und in schlechterem Wirkungsgrad laufen, um potentielle dynamische Einspeiser ausregeln zu können. Dazu sei dieser Vortrag von Prof. Rehtanz empfohlen:

Zukunft

Elon Musk, CEO von Tesla Motor Company, spricht davon, dass er seine Supercharger Stationen so ausrüsten möchte, dass sie auch ohne ein Stromnetz noch funktionieren. Er hat auch den großen Vorteil alles direkt aus einer Hand anzubieten und somit die Unterschiede (Stromart, Spannungsniveau, Stecker, Transformationsort) von Anfang an aufeinander abzustimmen.

mercedes-benz-energy-storage-03Mit Sicherheit wird er die hohe Ladeleistung nicht autark aufrecht halten können. Entweder schließt er sich mit nahe gelegenen Solarcity Anlagen als Microgrid zusammen oder er nutzt eigene Akkus an den Powercharger Stationen, welche als Puffer dienen. Sven Bauer (CEO BMZ), beim ADAC im Interview, spricht ebenfalls von Akkus, die im Haus gelagert werden und als Puffer dienen. Fast alle deutschen Automobilhersteller sind dieser Tage im Akku-Heimspeicher Markt unterwegs. Von Mercedes Benz Energy (Abbildung rechts) über BMW Energy und auch Tesla mit ihren Powerwalls.

Tesla Motors hat auf seiner Webseite schöne Animationen und Berechnungstools zum Thema Laden zur Verfügung gestellt, welche ebenfalls einen Blick wert sind.

20 Comments

  1. Danke Paul für den für den Laien durchaus in die Tiefe gehenden Beitrag. War mir so in dieser Art bisher nicht bekannt. Nachdem ich vor einigen Wochen den i3 von BMW hier in Dresden zur Probe fuhr zuckte es mir förmlich in den Fingern – Carport böte sich ja direkt an, doch welche Leistung ist erforderlich und welche/wieviele Solarmodule? Fragen über Fragen.

    Das Thema wird sicherlich weiter kochen und neue technologische Wege werden sich finden lassen. So waren die Materialwissenschaftler auf der DPG Frühjahrstagung 2014 hier in Dresden (#DPGsm14) durchaus in dieser Richtung unterwegs (Photovoltaik, Batterien).

    Elon Musk hat das “Glück” mehrere Karten seiner persönlichen Vision in der Hand zu haben, so ist er Founder von Tesla Motors und SpaceX (wovon sicherlich diverse Qualitätsthemen in Richtung Tesla Motors positiv abstrahlen) zudem ist er auch Chairman von SolarCity (http://www.solarcity.com/media-center/elon-musk.aspx).

    Alles in “einer Hand” sozusagen – ohne direkt auf andere Player angewiesen zu sein.

    Schauen wir was sich in den nächsten Monaten und Jahren weiter entwickelt – ich bin optimistisch und Geschwindigkeit ist im Silicon Valley definitiv keine Option ;-)

  2. Guter Beitrag, aber kleine Korrektur:

    “ändert das Spannungsniveau 50x in der Sekunde sinusförmig zwischen 230V und -230V.”

    Sie meinen sicherlich 325V, da mit der landläufigen Angabe von 230V der Effektivwert gemeint ist.

  3. Mit der Berechnung der Dachfäche komme ich nicht klar. Warum 120kW? Eine Batterie kann auch mit 2kW geladen werden.
    Nach meiner Meinung müsste der Tagesertrag einer Solaranlage berücksichtigt werden. Zum Beispiel hat die Batterie eines Nissan Leaf eine Kapazität von 24 kWh. Nach meinen überschlägigen Berechnungen reicht eine Dachfäche von ca. 35 m2 von März bis Oktober dieses Auto zu laden. Die Batterie sollte nicht über einen zusätzlichen Akku oder Frequenzumrichter geladen werden. Die Lithium Ionen Batterien können auch gepulst geladen werden, was eine optimale Anpassung an die Photovoltaik ermöglicht.

    1. das war eine Beispielrechnung , die wirst du wenn du mit nur 2 kW laden willst einfach die werte ersetzen müssen. also statt der 3600 in deinem Fall 2000 macht im Ergebnis 10m²

  4. Ohne Stromnetz geht es doch.

    Wir versorgen ein kleines Unternehmen seit 2013 komplett mit hausgemachtem Strom und sind vom öffentlichen Netz getrennt. Ein stationärer Bleibatterieblock, drei Inselwechselrichter, eine PV-Anlage und ein Blockheizkraftwerk für den Winter stellen normgerechten Drehstrom her. Damit werden auch inzwischen zwei Elektroautos geladen. Deren Stromverbrauch wird häufig überbewertet. Nicht an vielen Tagen wird der Akku restlos leergefahren, sodass im Sommerhalbjahr auch auf sonniges Wetter gewartet werden kann. So erfüllen die Autos zusätzlich die Funktion eines Zusatzpuffers. Im Winter trägt jede Fahrt zu warmen Räumen bei, denn die Abwärme der Stromproduktion fliesst in die Heizung.

  5. Im Winter sinkt die Speicherkapazität temperaturbedingt, der Stromverbrauch hingegen steigt für die Luftheizung und die Fahrzeugscheinwerfer. Die Reichweite sinkt auf bis zu weniger als 100 Kilometer. Die Stromausbeute durch Photovoltaik sinkt im Winter wetterbedingt auf einen Bruchteil. Die meisten Autos werden tagsüber gefahren, doch nachts scheint keine Sonne.

    Quizfrage: Wem nützt es?

  6. Stellt sich doch nur noch die Frage: was nützen mir die Solarzellen auf dem Carport zu Hause, wenn das Fahrzeug den ganzen Tag vor dem Arbeitsplatz steht?
    Anscheinend muss in diesem Luxus-Blog niemand mehr für seine Brötchen malochen gehen.
    Aber ich bin ja nur ein einfacher Krankenhausarzt.

    1. Wo die Energie produziert wird, spielt (fast) keine Rolle. Die Energie des Car Ports wird im nichtbenutzten Zustand ins öffentliche Netz eingespiesen. Also wird Ihr Fahrzeug auch am Arbeitsplatz mit “eigenem Strom” versorgt. Hauptsache die Energie wird irgendwo einigermassen sauber produziert. Ich gehe für meine Brötchen noch molochen…..

  7. Wie wäre es wenn Ihr euer Elektroauto mit flexiblen Solarmodulen vollklebt ?
    Vollladung dauert dann zwar bis zu 4 Wochen aber besser als nix und für extreme Wenigfahrer ?
    Und zusätzlich zu Hause und in der Arbeit noch 2 am Solarmodul und Pufferakku … kostet ja fast nix mehr !

  8. Die Rechnung ist komplett Falsch, hier wird davon ausgegangen dass ein Solarmodul 200w/h liefert man muss, tut es aber nicht, es liefert die 200w am Tag.

    Also 18kw(i3) : 200 w = 90 x 1,5qm(pro solarzelle) = 135qm
    Dann geht beim Wandeln des Stromes noch ca. die hälfte verloren.

    1. Diese Rechnung ist auch nicht richtig. Ein Solarmodul liefert 200 W am Tage, wenn die Sonne scheint. Dann aber in jeder Sekunde, also ständig ohne Unterbrechung. Und den BMW i3 kann man auch nicht mit dem Bordlader mit 18 kW laden, das wäre schön, wenn es so wäre. Der verkraftet nämlich nur höchstens 11 kW bei dreiphasigem Laden.
      Beim Wandeln des Stroms geht auch nichts verloren, ein Teil wird in Wärme umgewandelt und so zum Heizen der Batterie genutzt.

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